Juryarbeit ist schwer. Nicht so schwer wie künstlerische Arbeit, aber aus der Fülle zu schöpfen, zu diskutieren, zu verteidigen, andere Meinungen stehen (und gehen) zu lassen, Entscheidungen zu treffen, "Darlings zu killen", das fordert Haltung. Die Jury des diesjährigen „Kunst.Preises“ hat 693 Einsendungen gesichtet, die in Qualität, Strahlkraft und Entwicklung einzigartig sind, sich nicht verstecken oder den Vergleich mit anderen Wettbewerben scheuen müssten. Juroren, die schon so viel gesehen haben über die Jahre, zu beeindrucken, ist nicht leicht. Und doch ist es gelungen!

Mit Stolz und in ungeduldiger Erwartung werden manche Malerin, mancher Zeichner und der ein oder andere Objektkünstler seine Arbeiten eingereicht haben. Das Warten auf die Mitteilung der Jury ist quälend, kann lange dauern und einen mit vielen Gedanken beschäftigen: Warum dauert das so lange? Haben die mein Bild überhaupt angesehen? Ob sie es auch richtig verstehen? Bin ich da in großer Konkurrenz gelandet? Oder bin ich einfach ohnehin unschlagbar? Der Beste? Die Tollste unter der Sonne?

Es gibt immer nur wenige erste Plätze, auch Superlative kann man schlecht teilen. Aber furchtlos den eigenen Weg zu verfolgen, sich nicht ablenken oder – schlimmer: – entmutigen zu lassen, DAS ist Teil der Lebensaufgabe aller Künstler. Geistig, körperlich eingeschränkt oder (noch) nicht. Wer so einen Menschen zu Hause hat, einen „Freund“ nennen darf, als Nachbarn erkennt, kennt immer einen besonderen Menschen. Einen, der es sich erlaubt, die Welt wie eine magische Palette, ein Videospiel, eine Kiste mit Kram und nützlichem Gerümpel zu sehen und zu nutzen. Oft zurückgezogen und alleine, produktiv, wenn abgewandt von der Welt oder lebhaft und immer nur im eigenen Element, wenn die Welt sich quasi durch den Türrahmen quetscht. Will sagen: Genau hinsehen ist Teilhabe. Hier dabei sein ist Auszeichnung.

Und jetzt: Los! Kunst gucken!

Ihre Nora Gomringer
Patin des Kunst.Preises